Zitat aus der Bewerbung:

"Man erblickt nur, was man schon weiß und versteht“ (J. W. von Goethe)

Das Thema der 15. documenta berührte mich. Hier wurden unterschiedliche politische Positionen und sozial-ethische Haltungen in der Kunst sichtbar. Doch hat man die Kunstschau nur unvollständig wahrgenommen: Es wurde mit männlich determiniertem Blick gemessen, während jene Wahrnehmungen aus dem Bewusstsein getilgt wurden, die ihm fremd erschienen.

Was hindert die Menschen, ihr Gegenüber mit ungetrübtem, klaren Blick zu erkennen?

Eine Antwort gibt das Höhlengleichnis von Platon. Es sagt, dass wir aufgrund einer gesellschaftlichen Vereinbarung nicht sehen, was da ist, sondern nur das sehen, was vereinbart wurde.

Zu dieser Paradoxie kamen die philosophischen Ansichten von Descartes hinzu.

Seinen Ansichten vom linearen Denken folgen die westlichen Kulturen bis heute.

Es ist der Schein - das selbstgemachte Denken, wie ich es nenne - der unsere Beziehung zum Leben bestimmt.

Auf meinen biographischen Hin- und Herwanderungen zwischen BRD- und DDR-Kultur, deren jede für mich gleichermaßen feindlich und unversöhnlich war, suchte ich nach einem weiblich geprägten, gewaltlosen Lebensweg. Ich fand einen spirituellen Weg, der sich aus meinem Inneren und aus emotional leiblichen Bezügen bildete und in die Kunst führte. Was ich heute „Weiblich gegründete Bildende Kunst“ nenne, ist eine Handlungsgrundlage, die Interaktionen zwischen unterschiedlichen Positionen - egal, welcher Art - zulässt. Es können menschliche Bezugsfelder in Systemen sein oder persönliche Bezugsebenen zu allem, was uns ausmacht und umgibt. Es ist eine unmittelbare, direkt dem Leben dienende Kunst: Soziale Kunst.

Mit meiner schamanischen Arbeitsweise – eine weibliche Methode, emotionale Prozesse in Archetypen darzustellen - begann ich in Brandenburg vor vierzig Jahren.

Es ist der Schein - das selbstgemachte Denken, wie ich es nenne - der unsere Beziehung zum Leben bestimmt. Anfangs gestaltete ich bildnerische Aussagen in unmittelbarer emotionaler und spiritueller Kommunikation mit einem natürlichen Gegenüber oder Geistebenen als Prozess.

Später in Berlin, nach 2000, erweiterte ich mein Konzept der Sozialen Kunst.

Es entwickelten sich themenorientierte Gruppenarbeiten mit Laien und spezifisch methodische Coachings mit Gruppen und Einzelpersonen...

Es bleibt ein unlösbares emotionales Band zwischen allen Beteiligten bestehen und das Kunstwerk selbst.

Als ich mit meiner künstlerischen Arbeit in der DDR begann, machte ich meine weiblich geprägten Erfahrungen zur Grundlage meines spirituellen Weges. Dessen narrative Stationen (Seelenreise) sind durchaus mit außereuropäischen und frühchristlich spirituellen Äußerungen und Gestaltungen vergleichbar. Auch in Volkskünsten, in Art Brut, in Gestaltungen von angeblich psychisch Kranken und bei modernen Künstlern wie Hilma af Klint und Joseph Beuys sind sie auffindbar.

Die Entdeckung, dass es in allen Kulturen gleiche spirituelle Grundlagen, mentale und emotionale Bezüge und lebensbejahende Weggestaltungen gibt, begeistert mich. Meine Kunst vollzieht sich also vollständig jenseits unerlaubter Aneignung fremder Kulturen.

Meine Auseinandersetzung mit ewigen, allgemeingültigen, verbindenden emotionalen Prozessen kann für bevorstehende gesellschaftliche Wandlungs- und Wachstumswege eine Brücke in die Zukunft bilden. Denn es gilt, emotionale und mentale Wege zu einer Naturnähe bzw. zu einer gewaltlosen Haltung zu jeglicher Kultur zu finden....

...In den Spannungen zwischen Ost und West, zwischen einer weiblich (leiblich) reflektierten und männlich (geistig) gestalteten Realität und zwischen weiblich (ganzheitlich) und männlich (dual) gestaltetem Bild bewegt sich meine Kunstentwicklung...

...Nachdem ich erkannt hatte, dass ich nach einem dual-destruktiven Geist Leid in meinen Bildern gestaltete, entstand die Frage: Wie stelle ich Bilder ohne Leid dar? Ich sehnte mich nach einem mentalen und emotionalen „Malraum“, in dem ich mich ohne Gewalt bewegen konnte. Es sollte ein ganzheitlich spiritueller Raum ohne duales Empfinden sein, ohne Objekt–Subjekt-Trennung...

...Was ist ein weiblicher Geist?

Ich suchte nach einem weiblichen Bild.

Meine Schwangerschaft eröffnete mir 1974 eine Lösung. Ich erlebte mich als Medium der Natur in einem heiligen Prozess. Und besser, vollkommener konnte ich kein Kunstwerk schaffen. Weitere Sinn-Fragen blieben zurück. Hinzu kamen Diskussionen über ethische, kulturpolitische und gestalterische Fragen, als ich der Dresdner Künstlergemeinschaft mit Rolf Lattner und Werner Karsch angehörte...

...Einen starken Einfluss hatten auf mich Schriften Albert Schweitzers. Seine Kulturkritik, Ethik und seine Auseinandersetz-ung mit dem Buddhismus berührten mich sehr. Ich beschäftigte mich mit Lehren des Zen Buddhismus...

 ...Im Realsozialismus hatte ich anfangs noch die Möglichkeit gesehen, einen friedlichen Lebens-Weg mitgestalten zu können... Ich entfernte mich emotional und mental aus diesem Ordnungssystem. Ich meditierte in mein Inneres, in meine weiblichen Wurzeln, durch meinen Leib nach unten hindurch, an meiner Lebensenergie entlang in die Erde...

...Die Seelenreise vermittelte mir einen einzigartigen spirituellen Erfahrungsraum. Damit hatte ich einen Einblick in eine Erdspiritualität der Grossen Mutter...

...1989 beschloss ich, mich zurück in die reale Welt zu bewegen...

...2004 begann eine freundschaftliche und intensive Zusammenarbeit mit dem Institut für emotionale prozess arbeit Berlin. Das Institut arbeitet aus einem weiblichen Bewusstsein.

Ich zeichnete hier über Jahre Systemaufstellungen. Damit dokumentierte ich eine Entwicklung vom Anfang eines emotionalen Prozesses bis zum Endpunkt.

Über die Zeichnungen gelang es mir, einen bisher unsichtbaren Prozess, z.B. für einen HELFER, sichtbar zu machen. Denn mit Systemaufstellungen werden scheinbar verborgene, emotionale und spirituelle Prozesse öffentlich zelebriert."